a member„Sie…also wir...“ Das erste Mal sah ich meinen Freund unsicher, er stotterte „...also Sie haben uns gesehen?“ brachte er dann endlich heraus. Der Typ nahm langsam seine Sonnenbrille runter. Als ich seine Augen sah, merkte ich, dass ich mich verschätzt hatte. Er war doch etwas älter, bestimmt über 40. Egal – jedenfalls für uns „uralt“!
„Ja, hatte ich ja vorhin schon gesagt." Er machte eine Pause. "Und was ich gesehen habe, hat mir gut gefallen, sehr gut sogar!“ ein fettes Grinsen zog über sein Gesicht und seine Augen kniff er zusammen, während er den einen Bügel seiner Sonnenbrille in seinen Mund schob, wieder rauszog und wieder hinein schob – langsam.
„Ja,,,und…ja, was wollen Sie jetzt?“
„Was ich will? Hmmm….“ Er zog dieses „Hmmm“ sehr lange. „Also, wenn ich das niemand erzählen soll… wenn ich Eure Eltern nicht mal anrufen soll…..“ Er schaute mit hochgezogenen Augenbrauen in den Himmel…. „Was denn dann…?“ fragte Peter etwas lauter. Er konnte wohl nicht abwarten, was da kommen soll. „Sollen wir Ihnen Geld geben?“ Ich stieß Peter in die Seite. Was war das denn für ein Scheiß Vorschlag. Unser Taschengeld betrug 2 Mark die Woche!!! Was sollten wir da zahlen können!!
„Geld?? Du bist ein Scherzbold, mein Kleiner! Was soll ich mit Geld? Das brauche ich nicht!“ Er zog seine Sonnenbrille wieder auf. Die Situation war unbeschreiblich. Da war ein Typ, der jetzt was von uns wusste, der drohte, das, was er gesehen hatte, weiter zu erzählen. Und da waren wir zwei, die fürchterliche Angst hatten, dass da was rauskommt. Und alles, weil wir so dämlich waren!!!
Ok, aber das nutzte jetzt auch nix mehr!
„Dann sagen Sie doch bitte, was wir tun sollen!“ Ich konnte mich nicht mehr zurückhalten und schrie den Typ an – jedenfalls sprach ich etwas lauter als gewöhnlich. Darüber erschrak selbst Peter.
„Ok, ich habe einen Vorschlag! Wir treffen uns übermorgen um 18Uhr wieder hier an der Bushaltestelle. Dann hab ich mein Auto dabei und dann machen wir eine Spazierfahrt.
„Spazierfahrt? Was soll das? Wohin denn? Und…….“ fragte Peter sofort „Stell so keine dummen Fragen! Ihr habt die Wahl! Wenn Ihr übermorgen nicht hier seid, wisst ihr, was passiert, klar?“
Der Typ ging… ohne ein weiteres Wort. Er ging langsam, zielsicher! So geht einer, der weiß, was er will und sicher ist, das auch zu bekommen.
„Hey!!! Was jetzt?“ Peter holte mich zurück. Ich setzte mich wieder auf die Bank.
„Gute Frage, Mann! – ich weiß es nicht!“ Und wieder schossen mir die Konsequenzen durch den Kopf, würde jemand etwas erfahren….!
„Sollen wir oder sollen wir nicht?“
„Woher will der eigentlich unsere Namen haben und wissen, wo wir wohnen?“ Ich setzte mich aufrecht hin. Wahrscheinlich eine Reaktion auf das Ergebnis meiner Überlegungen. „Der kann uns doch gar nix tun!“
Bevor wir weiter überlegen konnten kam der Bus. Wir standen auf und stiegen ein.
„Lass uns morgen nach der Schule darüber reden und dann entscheiden, was wir machen, ok?“
Peters Vorschlag fand ich gut. Er schob das Problem erst mal etwas in den Hintergrund und ließ mich meinen Hunger spüren. Wahrscheinlich warteten meine Eltern schon mit einem guten Abendessen auf mich. Irgendwas musste ich auch hier erfinden, um meine Verspätung zu erklären.
Aber das war ja wohl keine Schwierigkeit angesichts dessen, was uns noch bevorstand.
„Wir bekommen das hin, klar?“ sagte Peter kurz bevor wir unsere Haltestelle erreicht hatten. „Wir halten zusammen! Und denk lieber dran, wie schön das heute in der Kabine war – mit uns zusammen!“ „Ja, das war´s, Peter!“ Der kurzen Umarmung folgte ein gewohntes „Tschüss, bis morgen!“ und dann trennten sich unsere Wege. Jeder blieb mit seinen Gedanken erst mal alleine…