Meine ersten Erfahrungen... (6)

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Der Unterricht zog sich hin… endlos! Und die Lehrerinnen waren so was von langweilig!
Nur der Mathelehrer, ein etwa 50jähriger, etwas kräftiger Mann. Er blickte immer so väterlich durch seine Hornbrille. Seine grauen Haare bekamen bestimmt nur kurz einen Kamm zu spüren, ansonsten überließ er sie dem Wind und dem Wetter. Und einen Friseur hatten die auch schon seit 10 Jahren nicht mehr gesehen. Ich glaube, der Herr Dr. Schulz mag gar keine Friseure! Aber er hatte was! Nicht nur, dass er seinen Mathestoff gut rüberbrachte, nicht so ernst, sondern locker und verständlich, sondern….
Ach was! Peter war mein Traum! Ihn wollte ich haben!
In den Pausen trafen wir uns nicht.
Beim Sport in der Halle war Völkerball angesagt. Nachdem wir uns etwas warm gelaufen hatten, ging das Spiel los. Peter wurde in die gegnerische Mannschaft gewählt. – aber wir gewannen! „Verlierer!“ flüsterte ich ihm auf dem Weg in die Umkleide ins Ohr. „Wart ab! – Rache ist…“ „Blutwurst, ja ich weiß!“ fiel ich ihm ins Wort.
Es war schon Nachmittag als wir die Schule verließen und in Richtung Bus gingen.
„Hör mal“ sagte Peter „Wir müssen aufpassen!“ „Aufpassen? mit was? Hä?“ „Ich will nicht, dass die anderen etwas von uns merken! Also sie sollten uns nicht so oft zusammen sehen und schon gar nicht so nahe!“ „Peter! Wir kennen uns seit der Kindheit und die anderen wissen das!“ Ich regte mich etwas auf „Da haben die bisher nie was gesagt oder gemerkt! Wieso sollten die jetzt auf einmal…?!“
Peter überlegte kurz „Ja, du hast Recht. ich will nur nicht, dass da irgendwelche Gerüchte aufkommen! Wir können uns bei dir oder bei mir zu Hause ja alleine sehen, aber….!“ „Ok, ist ja gut! Ich hab verstanden!“ Wir gingen schweigend nebeneinander weiter.
Ich hatte ein komisches Gefühl. Stand Peter eigentlich ganz hinter uns? Warum sagte er das mit dem „Aufpassen“? Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen „Peter….sag mal…dir hat das doch gestern gefallen und du willst doch…also…du könntest dir doch…“ Mein Gott, warum musste ich so stottern? „Also ich meine…Du willst es doch auch öfter und mehr, oder?“ Ich schaute ihm in die Augen und wartete sehnsüchtig auf die Antwort „Ja klar! Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen! Ich mag dich!“ Ein innerer Jubelschrei erfasste mich. Am liebsten wäre ich Peter jetzt um den Hals gefallen – aber…. er hatte Recht: Keiner sollte was merken! Die Folgen wären grausam für uns gewesen! Mit einem künstlichen Husten wechselte ich das Thema. „Musst du heute Nachmittag auch noch büffeln?“ „Ja für die Englisch-Arbeit morgen. Da darf ich mir nix mehr erlauben!“ Peter war ein guter Schüler. Manchmal übertrieb er es und hatte auch eine Zeitlang den Ruf eines „Strebers“. Aber das hatte sich in den letzten zwei Jahren gelegt. Vielleicht, weil auch andere Interessen in den Vordergrund rutschten. Schule war zwar wichtig, aber nicht alles!
„Ich ruf dich heute Abend noch mal an, wenn ich fertig bin, ok?“ fragte Peter beim Aussteigen aus dem Bus. „Ja prima, freu mich schon!“ Ein letzter tiefer Augenblick und dann trennten sich unsere Wege.
Wie üblich wurde ich zu Hause gefragt, wie es denn in der Schule war, ob ich gut mitkomme, ob Klassenarbeiten zurück gekommen waren und mit welchem Ergebnis. Und dann – nachdem ich alles kurz aber wohl zur Zufriedenheit meiner Mutter beantwortet hatte - ob ich die Getränkekisten, die der Lieferant heute Mittag gebracht hatte, in den Keller bringen könnte. Natürlich könnte ich und machte das auch. Ich wollte keine Unruhe, keinen Streit. Alles ruhig und friedlich – so gefiel mir das!
Auch ich musste mich noch mit den English-Vokabeln befassen und noch mal den Text durchlesen, der wohl morgen Gegenstand einiger Fragen in der Arbeit war.
Mehrfach musste ich auf die Uhr schauen. Die Zeit schien nicht zu vergehen und die Zeiger mich ärgern zu wollen – sie rückten einfach nicht weiter!
Dieser Shakespeare ging mir auch ganz schön auf die Nerven. ich glaube es ging um den Kaufmann von Venedig, wohl eine Pflichtlektüre in den G
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… auf die Nerven. ich glaube es ging um den Kaufmann von Venedig, wohl eine Pflichtlektüre in den Gymnasien.
„Essen ist fertig!“ Endlich! Es war Abend geworden und dann dauerte es nicht mehr lange, bis Peter anrief. Endlich!
„Hallo, Abend!“ Ich ließ mich auf den Stuhl fallen. „Na na? So fröhlich drauf?“ fragte mein Vater neugierig „Gibt´s was Besonderes?“ „Neee! Alles normal!“ Auch Väter scheinen das zu können, dachte ich und fing an meinen Teller zu leeren….
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