a memberIch lag auf dem Bett, hörte mit meinen dicken Kopfhörern Musik, blätterte - ohne großes Interesse - in einem Reklameheftchen und dachte über den kommenden Abend nach. Und so bekam ich auch nicht mit, dass plötzlich meine Mutter neben mir auf der Bettkante saß. Ich riss den Kopfhörer runter und schaute sie an. „Ich hatte mehrmals geklopft“ sagte sie entschuldigend „aber…“ „Schon gut!“ antwortete ich und setzte mich aufrecht hin. „Geht’s dir wieder gut?“ und während ich noch nach einer passenden Antwort suchte, kam schon die nächste Frage „Was war wirklich gestern Abend los?“ Jetzt erschrak ich doch gewaltig. Diese Mutter! Schon desöfteren hatte ich ja erlebt, dass sie Ahnungen hatte bzw. sie mehr wusste, als ich annehmen konnte. Und nun erstaunte oder überraschte sie mich ein weiteres Mal. Was wusste sie? Was dachte sie? „Also…“ ich konnte mich nicht recht entschließen. „es war halt ein bisschen heftiger. Die haben wirklich was in mein Getränk getan!“ Ich wartete ab „…und deshalb wurde es mir so hundeelend.“ „Das meine ich nicht!“ sagte sie, ich fühlte, dass sie wusste, was sie hören wollte. „Was ist passiert?“ Schweigen. „Du hast dich noch nie betrunken. Also gibt es einen Grund!“ Ich starrte zur Zimmerdecke. Die Ruhe wurde immer unerträglicher. Mama konnte warten, hatte Geduld. Das wusste ich schon. Also, was hatte ich zu verlieren? „Du… Du hast Recht!“ Mama zog die Augenbrauen hoch, während ich sie anschaute. „Ja, es ist was passiert!“ Ganz leicht spürte ich, dass es mir nicht leicht fallen würde, darüber zu reden und wandte den Blick wieder zur Decke. „Peter….“ mir stockte die Stimme „Peter…. hat mich…. betrogen!“ Raus wars! Und mir schossen die Tränen in die Augen, ich musste mich zur anderen Seite drehen, ich wollte nicht, dass sie das sieht.
Sie sagte nichts, saß unbeweglich auf der Bettkante. Eine Ewigkeit lang!
Als die ersten Tränen verflossen waren und ich mich etwas beruhigt hatte, drehte ich mich wieder zu ihr. Vielleicht wollte ich nur sehen, ob sie überhaupt noch da war. Sie war. Sie schaute mich traurig an. „Das kenn ich!“ sagte sie nur ganz ruhig „Ich weiß, wie es dir jetzt geht!“ Ich schoss nach oben und umarmte sie. Sie war einfach die beste! Sie hatte kein böses Wort gesagt, als ich ihr vor einiger Zeit erzählte, dass ich Peter liebte und jetzt konnte sie verstehen, wie es mir ging! Es war einfach toll, diese Mutter zu haben. Und das in einer Zeit, in der es so sehr schwer war, über seine Neigungen zu reden, geschweige denn, sie zu zeigen! Nur Papa, das hatte sie betont, der darf davon nie etwas erfahren! Aber Papa war jetzt am Sonntag in seinem Gasthaus zum Frühschoppen. Ich hatte meine Mutter alleine. „Was ist dir denn passiert?“ fragte ich, nachdem ich sie wieder aus meiner Umarmung entlassen hatte. Sie überlegte kurz „Ich hatte mit 17 meinen ersten Freund. Er war groß, sah wunderbar aus, blonde Haare und hatte immer ein Lächeln im Gesicht. Er war spitzbübisch., Ja, das ist der richtige Ausdruck. Ich war so sehr in ihn verliebt, habe ihn angehimmelt und hätte alles für ihn getan!“ Mama schaute zum Boden. Es schien, als würde ihr die Erinnerung wieder ganz nah kommen. „Und in einer solchen Stimmung, diesem Hochgefühl, wo, wie man sagt `der Himmel voller Geigen` hängt, da habe ich nicht mitbekommen, dass sein Lächeln nicht nur mir alleine galt.“ Mama schwieg und ich konnte sehr gut nachvollziehen, wie es ihr ging. Bestimmt hatte sie ihn auch….. „Und so überraschte ich ihn am Weiher…. Tags zuvor waren wir noch dort und hatten uns über unsere Träume und über die gemeinsame Zukunft unterhalten…. Er saß dort mit einer Langhaarigen….eng umschlungen…. sie küssten sich…. sie lachten miteinander….!“ Pause. Nachdenken. Aufkommende Gefühle verdrängen. „Sie haben mich nicht gesehen. Aber mir…. blieb das Herz stehen… ich…ich…wusste nicht, was ich tun sollte…!“ Mama wischte sich mit der Hand über die Nase. „Ich lief einfach weg. Und ganz wirre Gedanken begleiteten mich, als ich ziellos über die Wiesen und Felder lief.
a member… weg. Und ganz wirre Gedanken begleiteten mich, als ich ziellos über die Wiesen und Felder lief. Ich bring mich um! Ich bring ihn um! Ich bring sie um!“ Sie holte tief Luft. „Es hat eine ganze Zeit gedauert, bis ich diesen unendlich scheinenden Schmerz überwunden hatte. Unendlich lange…. Aber meine Mama hat mir sehr dabei geholfen!“ Sie setze sich wieder aufrecht hin. Ich hatte den Eindruck, als wollte sie damit „durchatmen“ und demonstrieren, dass das alles längst vergessen ist. „Danke“ sagte ich leise zu ihr. „Ja, so ging es mir gestern Abend auch! Ich rannte nur weg…nur weit weg….!“ Lange überlegte ich nicht, ob ich weitererzählen sollte. Es war eine so sehr vertraute Stimmung in meinem Zimmer…. „Aber da ist noch etwas!“ Mama fragte nicht nach, sondern wartete. Sie wusste, dass ich alleine erzählen würde…..